Eine Komedia von Ludwig Tieck
Eine Produktion des theaterforum kreuzberg
Skaramuz, der Narr drängt an die Macht. Er vertreibt Apoll vom Thron und übernimmt die Regierungsgeschäfte. „Die Regierung ist nun in der schönsten Verfassung. Bescheidenheit ist mein vorzüglichster Fehler, den ich mir noch ganz abgewöhnen muss. Manchmal schwindelt mir, wenn ich meine eigene Größe ermesse.” So lobt er sich selbst und ignoriert, welche Auswirkungen sein Handeln hat, bis sich eine Revolte der Enttäuschten und Beleidigten anbahnt.
In einer turbulenten Komödie mischt Ludwig Tieck virtuos Theaterstile und Sprachformen. Wie in einer Zeitreise lässt er Figuren der unterschiedlichen Genres auftreten: aus dem griechischen Theater, der Commedia dellʼarte, dem realistischen Drama, dem bürgerlichen Rührstück und der Groteske. Außerdem treten auf der Theaterdirektor, der Autor und der Maschinist. Auch Zuschauer spielen mit. Sie kommentieren laut, greifen ein, wenn Langeweile droht und klatschen begeistert bei überraschenden Wendungen.
Mit Worten Musik zu machen, sie klingen zu lassen und nicht nur für Information und intellektuelles Verständnis zu verwenden, sondern poetische Bilder zu schaffen, die den tieferen Sinn enthüllen, war Tiecks Anliegen. So beginnt das Schauspiel mit einer gesprochenen Symphonie, danach folgt – wie es sich für eine verkehrte Welt gehört – der Epilog, bevor die Turbulenzen auf der Bühne ihren Lauf nehmen.
Ludwig Tieck – der König der Romantik
Man kennt Tieck heutzutage noch als genialen Shakespeare-Übersetzer. Weniger bekannt ist, dass er als erster die Schriften von Kleist, Grabbe und seinem engen Freund Novalis herausgab und so vor dem Vergessen bewahrte. Geschätzt auch von Goethe, war Tieck der Mittelpunkt der Frühromantiker in Jena und später berühmt für seine Vorleseabende in Dresden, zu denen Persönlichkeiten aus ganz Europa pilgerten. Er schrieb eine Fülle von Gedichten, außerdem Erzählungen, Märchen, Novellen, Romane, Theaterstücke und Essays zur Dramaturgie. Seine Schriftstellerkollegen (Clemens Brentano, Achim von Arnim, August Wilhelm und Friedrich Schlegel u.a.) zollten ihm Anerkennung und Respekt. Er galt ihnen als großer Anreger. Brentano nannte ihn den König der Romantik. Nach seinem Tod geriet sein Werk in Vergessenheit. Auch die spätere Literaturkritik würdigte ihn kaum. Erst Arno Schmidt bezeichnete ihn als „ersten modernen Dichter der deutschen Literatur”.
„Die verkehrte Welt” wurde zu Tiecks Lebzeiten nie aufgeführt. Erst 1974 brachte das Schiller Theater in Berlin die Uraufführung heraus. Zehn Jahre zuvor jedoch hatte sich das Perpendikel Theater am französischen Gymnasium unter Leitung von Rudi Müller an eine Inszenierung gewagt. Im Gegensatz zur offiziellen Uraufführung erreichten diese Aufführungen auch bundesweit einige Aufmerksamkeit; im Tagesspiegel erschien eine Rezension mit der Überschrift: „Tieck – ein Vorläufer Ionescos”. Dieser Titel beschreibt am besten, wie sehr dieses Stück seiner Zeit voraus war und warum es erst 165 Jahre nach seiner Entsteh-ung auf einer Bühne zu sehen war. Aktuell ist es auch heute noch, doch auf den Spielplänen der Theater nicht zu finden.
Das tfk setzt mit dieser Inszenierung die Reihe der vergessenen Autoren und unbekannten Meisterwerke fort.
Regie und Bearbeitung: Anemone Poland
Bühne: Robert Schmidt-Matt Kostüme: Gertraud Wahl-Deschan & Nathalie Säwert
Musikkomposition: Dirk Rave
Einspielung: Trio Scho
Maske: Rebekka Schwark
Lichtdesign: Katri Kuusimäki
Bühnentechnik: Vinzent Wobeser
Regieassistenz: Francesca Spisto, Hayley Glickfeld Bielman
Es spielt das Ensemble des theaterforum kreuzberg: Philipp-Manuel Bodner, Pasquale Bombacigno, Miriam Braun, Magdalene Hurka, Simon Mayer, Vanessa Montserrat, Thomas Otto, Martin Radecke, Esteban Castro Ramos, Susanna Reinhart, Selma Roth/Wolf Hedrich, Michael R. Scholze, Caroline Siebert, Tanja Watoro, Laurenz Wiegand
Mit Förderung der Heinz und Heide Dürr Stiftung
und der Clarence und Emma Mielech Stiftung
Fotos: Manfred Eulenbruch
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