von Eugène Ionesco
ein Drama mit Zirkus und Feuerwerk
Übersetzung Lore Kornell u. Anemone Poland
Eine Produktion des theaterforum kreuzberg
Wie Behringer die Fähigkeit zu fliegen erlangt, wie er sich in die Lüfte erhebt, und was er in der Höhe erlebt – dort, wo Raum und Zeit sich begegnen. Davon handelt Ionescos berühmtes Stück „Fußgänger der Luft“.
„Jeder Mensch kann fliegen, es ist ihm angeboren. Die Menschen haben es nur vergessen, weil sie bequem geworden sind“, das behauptet Behringer und macht es auch gleich vor. Passanten werden aufmerksam, ein Reporter ist zur Stelle, eine kleine Sensation bahnt sich an. Madame Behringer ist das Benehmen ihres Mannes peinlich, seine Tochter aber ist begeistert und will das Fliegen erlernen. In großem freudigem Überschwang steigt Behringer immer höher hinauf bis er verschwunden ist. Von dort oben sieht er die kommenden Katastrophen, die Kriege und Verfolgungen, die Zerstörung der Erde und hinter allem das bodenlose Nichts.
Wieder zurück auf der Erde soll er berichten, was er erlebt hat. Man glaubt ihm nicht und wendet sich enttäuscht ab. Niemand will ihm zuhören. Behringer bleibt mit seiner Familie allein zurück.
Mit Situationskomik und pointierten Dialogen, Maskenspiel, Akrobatik und Gesang zeigt Ionesco einen Weg zur Überwindung der Ängste und Schreckbilder, die viele Menschen bedrücken.
„Der Humor bringt uns in ungetrübter Klarheit die tragische oder lächerliche Situation des Menschen zum Bewußtsein. Er ist nicht nur der Inbegriff des kritischen Geistes, sondern der Humor ist die einzige uns gegebene Möglichkeit einer Loslösung von der komisch-tragischen Situation des Menschen auf der Erde, von dem Unbehagen zu sein.
Manchmal bringen Komödien die Leute eher zum Weinen als Dramen. Jedenfalls die Komödien, die ich schreibe. Wenn ich ein Drama schreiben will, bringe ich die Leute zum Lachen; schreibe ich eine Komödie, bringe ich sie zum Weinen.“
(Eugène Ionesco)
Es spielt das Ensemble des theaterforum kreuzberg:
Behringer – Simon Mayer
Josephine Behringer, seine Frau – Nina Damaschke
Martha, beider Tochter – Swantje Maue
Journalist – Carsten Jensen
Der erste Engländer – Jan Schönberg
Der zweite Engländer – Wolf Hedrich
Die erste Engländerin – Judith Rauschtenberger
Die zweite Engländerin – Monica Dechau-Pascuta
Die erste alte Engländerin – Laura Haufe
Die zweite alte Engländerin – Susanna Reinhart
Herr aus der Anti-Welt – Tilman Eitner
John Bull – Georg Stephan
Onkel Doktor – Tilman Eitner
Leichenbitter – Carsten Jensen
Regie: Anemone Poland
Bühne: Robert Schmidt-Matt
Masken: Uwe Krieger
Kostüme: Gertraud Wahl-Deschan & Nathalie Säwert
Artistik: Manfred Tscheche
Musikalische Einstudierung: Dirk Rave
Licht: Christoph Wüst
Regieassistenz: Thilo Herrmann
Rechte: Theater-Verlag Desch
Premiere: 19. Oktober 2007
Warum wir Ionesco spielen …
Ionesco und seine Theaterkonzeption ist Thema von theaterwissenschaftlichen Seminaren. Er wird in Literaturkursen und im Darstellenden Spiel an Gymnasien behandelt. Nur auf der Bühne ist er fast gar nicht mehr zu erleben, sieht man von wenigen Aufführungen früher Einakter ab. Dabei gilt er neben Beckett und Genet als wichtigster Vertreter des ‚absurden Theaters’.
Bei unserer letzten Produktion „Triumph des Todes“ zeigte sich, daß gerade ein junges Publikum sich von diesem Autor angesprochen fühlt. Wir spielten Zusatzvorstellungen für Schulgruppen, Studentengruppen buchten die Wochenendvorstellungen.
Mit den bescheidenen theatralen Mitteln, die uns zur Verfügung standen, haben wir eine Form entwickelt, die dem Theater Ionescos gerecht wird und die auch Publikum anzieht. Diese Arbeit möchten wir fortsetzen und vertiefen.
„Ich will keine anderen Grenzen anerkennen als die technischen Beschränkungen der Theatermaschinerie. Man wird mir vorwerfen, daß ich aus dem Theater eine Music Hall oder einen Zirkus mache. Um so besser: bringen wir den Zirkus auf die Bühne! Man mag dem Autor vorwerfen, er verfahre willkürlich: sicher, das Theater ist der Ort, an dem man die Möglichkeit hat, willkürlich zu verfahren. In Wirklichkeit ist das keine Willkür. Die Einbildungskraft ist nicht willkürlich, sie ist offenbarend. Ich für mein Teil habe mir vorgenommen, keine anderen Gesetze gelten zu lassen als die meiner Einbildungskraft; und daß die Einbildungskraft Gesetze hat, ist ein neuer Beweis dafür, daß sie letzten Endes doch nicht willkürlich ist.“
Ionescos späte Stücke sind Gefüge, die sich aus einer Folge von Bewußtseinszuständen oder Situationen zusammensetzen, sich steigern, verdichten, sich miteinander verknüpfen, um sich wieder voneinander zu lösen oder um in unerträglicher Unentwirrbarkeit zu enden.
„Fußgänger der Luft“ bedeutet für uns eine neue Herausforderung, denn wie kann man auf der Bühne fliegen ohne große Bühnenmaschinerie? Wie können menschheitsbedrohende Visionen gezeigt werden, ohne in Klischees des Kinos oder Fernsehens zu verfallen? Wie entwickelt sich aus der lustvollen Phantastik des Zirkus und der Akrobatik die grauenvolle Apokalypse?
Genaue Analyse des Textes und Aufdeckung der intellektuellen Schärfe der Dialoge wird die Ausgangsbasis der Arbeit sein. Ensembleszenen werden in Improvisationen entwickelt. Mit den Mitteln der Groteske (z. Bsp. Masken, Verzerrungen, Beschleunigung, Häufung und Intensivierung), mit Akrobatik, Bouffonerie und Tanz wollen wir die Geschichte erzählen von einem, der sich in die Lüfte erhob, wo Raum und Zeit sich begegnen.
„Der Humor bringt uns in ungetrübter Klarheit die tragische oder lächerliche Situation des Menschen zum Bewußtsein. Er ist nicht nur der Inbegriff des kritischen Geistes, sondern der Humor ist die einzige uns gegebene Möglichkeit einer Loslösung von der komisch-tragischen Situation des Menschen auf der Erde, von dem Unbehagen zu sein.
… Manchmal bringen Komödien die Leute eher zum Weinen als Dramen. Jedenfalls die Komödien, die ich schreibe. Wenn ich ein Drama schreiben will, bringe ich die Leute zum Lachen; schreibe ich eine Komödie, bringe ich sie zum Weinen.“
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